Siegfried Elxnat
Künstler
DER MALER SIEGFRIED ELXNAT
Ihr aber seht und sagt: Warum?
Aber ich träume und sage: Warum nicht?
George Bernard Shaw
Für den Maler Siegfried Elxnat ist das Unbewusste Quelle seiner Bilder. Der Idee des Actionpainting verbunden fließen Farbe und Struktur intuitiv zusammen, spielen mit dem Kontrollverlust und Zufall in der Malerei, folgen einem inneren Rhythmus mehr, denn einem äußeren Konstruktionsprinzip. Dabei entwickelt Siegfried Elxnat einen ganz persönlichen Stil: Er wendet sich nicht vollständig ab vom Figurativen, sondern, im Gegenteil, in scheinbar ursprünglicher Gestik erzählen seine Bilder Geschichten und berühren elementare Fragen der Gegenwart.
„Ich benutze die Farben am liebsten pur, mische sie erst auf der Leinwand beim Vorgang des Malens selbst. Meine Farben reichen mir, mehr brauche ich nicht, um auszudrücken, was ich will". Keine Frage, dass jede Farbe einen eigenen Bedeutungsspielraum hat: Rot ist heftig, aufgewühlt und leidenschaftlich, geht aber nicht selten in der Kombination mit Schwarz ins Bedrohliche über. Blau steht für Tiefe, für Gedanken auch für Unergründliches; Orange ist Ausdruck von Wärme, von positivem Gefühl. Gold vermittelt Harmonie, Zeitlosigkeit und Freude. Seit langer Zeit ersetzt es dem Maler die Farbe Gelb und zuweilen erhält es in der Schnittmenge mit Grün und Schwarz einen bitteren Beigeschmuck. Über die Bedeutung der Goldtöne wird man noch sprechen müssen, denn es gibt kaum ein Bild von Siegfried Elxnat, in dem Gold nicht großes Gewicht besitzt. Ebenso verhält es sich mit Weiß und Schwarz. Während Schwarz dynamische, häufig beunruhigende Bildakzente setzt und Spannung erzeugt, lösen die weißen Flächen, Tupfen und Linien das Gewühl der Farben auf, suggerieren Leichtigkeit und Freiheit.
Der Gebrauch der Farben ist aber nicht kategorisch auf ihre Symbolik festgelegt. Vielmehr entfalten und verbinden sich die Farben im Prozess des Malens: aus der Tube auf das Bild gedrückt oder mit unterschiedlich breiten Pinseln hingeworfen, verstrichen, selbst verlaufend und wieder eingefangen, entwickeln sie ihre scheinbar eigene Dynamik. Im rhythmisch anmutenden Malvorgang, dem des Auge auch noch auf dem fertigen Bild folgen will, entstehen die fein gesponnenen Netze aus gestischen Farbspuren und Farbfäden, aus monochromen Flächen, Flüssen, Strömen und Einflüssen. Figuratives ist in manchen Bildern Ausgangspunkt, in vielen aber entstehen figürliche Assoziationen erst aus der tänzerischen Energie des Malvorganges selbst und manifestieren sich auf der Leinwand.

Mit intuitiver Entschiedenheit steuert der Maler den Entstehungsprozess seiner Bilder: mal tastend und suchend, dann behauptend und festsetzend, um an anderer Stelle wiederum kleinsten Regungen beizustehen, sie zu bewahren, sie sichtbar zu machen. Innen- und Außenwelt des Künstlers treffen auf der Leinwand zusammen. Seine Bilder sind sowohl Ausdruck eigener Gefühls-und Gemütszustände, als auch Aneignung bzw. Aufklärung komplexer Zusammenhänge. Sie greifen zuweilen tagesaktuelle Thematik oder grundsätzlich existenzielle Fragestellungen auf. Dabei folgen sie nicht dem rational begrifflichen Erkennen und Zergliedern, sondern sind Ausdruck von unmittelbar einfühlendem, miterlebendem Verstehen. Nie wirken sie bemüht, sondern verblüffen durch Poesie und formale Freiheit.
Es gibt drei große Themenbereiche, denen sich die Bilder von Siegfried Elxnat zuordnen lassen: als erstes wären die „kosmologischen" Landschaften zu nennen, die Urstromtäler, die Flüsse, Wiesen, Wälder, Berge, die nichts gemeinsam haben mit Landschaftsabbildungen im herkömmlichen Sinne. Sie stellen abstrakte Landschaften vor, Hochland und Tiefland, Vulkane, Wüsten, die an Meere grenzen, Menschen, die in Höhlen flüchten und ans Feuer. Farbflächen stoßen aufeinander wie Magnetfelder, Spuren, Punkte, Adern durchziehen sie, hier und da bilden sich Kräfte und lösen sich wieder auf. Diese Bilder sind flächig komponiert, bieten selten eine perspektivische Aussicht, wirken wie der innere Abdruck unserer äußeren Welt.
Die zweite große Themengruppe widmet sich psychologischen Vorgängen und emotionalen Situationen. „Ich rette mein schützenswertes Ich in die Malerei", beschreibt Siegfried Elxnat den Gewinn des Malens für sich selbst. Bilder wie„Der Denker im Strudel der Einflüsse", „Tanz", „Landscape (Spaziergang)", „Sex in The City", „Die Seherin" oder auch der „Fliegende Hund" sind Beispiele, die den Betrachter mitnehmen in das Dickicht der Gefühle und der Kommunikation. Anziehung und Ablehnung, Nähe und Distanz, Einsamkeit, Depression aber auch explosive Freude wechseln sich ab. Im Aufruhr der Linien, dem Bewegungsspiel der Farben und der Flüchtigkeit des Figürlichen veranschaulicht jede Bildsituation das emotionale Geflecht der unbewussten psychischen Prozesse menschlichen Handelns, Denkens und Fühlens. Diese Bilder sind progressiv, ergebnisoffen und zielen auf die suggestive Bewusstmachung unbewusster Vorgänge.

Der dritte Themenkomplex umfasst Fragestellungen, „Dinge", wie Siegfried Elxnat sagt, „die mich nachdenklich machen". Es sind gesellschaftliche, kulturelle und tagespolitische Themen. „Aisha", das türkische Mädchen, das Berlin liebt und mit ihrem Leben bezahlt, gehört dazu, auch das „Abendmahl", im zweiten Titel „Tafelrunde" genannt. Beide Bilder konfrontieren den Betrachter durch ihre vordergründig karikaturistische Bild- und Graffiti ähnliche Zeichensprache. Die Banalität des Figürlichen, die alltägliche Absurdität drängt sich in den Vordergrund, der sich plakativ eindimensional dem Betrachter entgegenstemmt. Keine Perspektive bietet Ausflucht. Die Realität erscheint ausweglos banal. Brächte sie nicht Anti-Bilder hervor: „Europapark" ist so ein Gegenbild, zeigt, was übrig bleibt von den Eindrücken hybrider Reizüberflutung, setzt Stille und Minimalismus dem technisierten Massenvergnügen entgegen.
Auch das Bild „Drei Millionen" reagiert auf reale Zusammenhänge, diese für unsere heutige Zeit typische Hysterie um Börseneinbruch, Wertverlust und Gewinnmaximierung. Da hocken die Buchmacher wie Vöglein im goldenen Salon, die Börsennachrichten „twittern" umher, düstere Gedanken ziehen auf, um sich im oberen Bildteil gleich wieder zu verflüchtigen. Ein paar Übermütige schwingen sich die Himmelsleiter hinauf wie Akrobaten, andere haben gar ein Wölkchen erklommen. Das Firmament ist gold und weiß geflutet. Nur da, wo eigentlich die Sonne wäre, steht's mit krachseliger Schrift geschrieben: „3 Mio" heißt das Ziel des nervösen blau-grau-schwärzlichen Getriebenseins!
Eine seiner Ausstellungen nannte Siegfried Elxnat „Gold ist aus", bewusste Provokation angesichts der beständigen Goldfarbe in seinen Bildern. Für den gelernten Fotografen und Kaufmann hat Gold in den zwei Jahrzehnten intensiven Malens aber offensichtlich eine andere Bedeutung gewonnen. Die Frage, ob seine Bilder, weil soviel Gold in ihnen vorkommt, etwas mit Gott zu tun haben, verneinte er. Allerdings räumte er ein, es gäbe eine Sehnsucht, nicht so sehr nach Gott, aber nach dem „Baum der Erkenntnis; Gold ist für mich Erde". Die Bilder von Siegfried Elxnat begehren über die profane Ratlosigkeit hinaus nach Welterkenntnis. Sie wollen sichtbar machen, was hinter den Facetten der Alltäglichkeit verborgen bleibt. Sie wollen dem Palaver, der trügerischen Besserwisserei entkommen, indem sie Kräfte beschwören, nicht esoterisch, zuweilen sogar ironisch und dennoch ernst gemeint: Urströmen, Flüssen, Einflüssen, verborgenen Kräften, Natur und Mensch in ursprünglicher, energetischer Erscheinung, unverfälscht, nicht profanen Festschreibungen gehorchend, will der Maler Gestalt verleihen und sich malend der Wahrheit vergewissern.
Über Jahre entwickelte Siegfried Elxnat den intuitiven Malprozess zum Konzept, das Freiheit, Innerlichkeit, Nähe zu Gefühlen aber auch Wagnis, Geistigkeit und Wahrheitsfindung in sich birgt. Jedes seiner Bilder ist eine Reise und nimmt seinen Betrachter mit. Das macht auch das Leben mit diesen Bildern so angenehm, denn eigentlich findet jeder, der mitreist, einen Ort zum verweilen.

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